Das iPad – ein Wegwerfartikel?

Ein Klavier hält ein Leben lang, eine Waschmaschine hält gut und gern 10-15 Jahre (unsere letzte sogar 20). Ein Fernseher läuft gerne auch 7-10 Jahre. Mein MacBook hat immerhin schon 6 Jahre auf dem Buckel. Nur das iPad meiner Frau wird nach zwei Jahren zum Wegwerfartikel, den man guten Gewissens nicht mal mehr gebraucht verkaufen kann.

Wieso das? Nun ganz einfach. Gebrauchte Programme gibt es nicht unter iOS. Man muss sie neu kaufen. Apple hat gerade verkündet, dass es iOS 6 nicht für das iPad 1 geben wird. Zu welchen Problemen das führen kann sei am Beispiel von Apples Textverarbeitung Pages kurz erläutert:
Pages erforderte bisher immer das neueste iOS. Bis iOS 5.1 lief es auch gut auf dem iPad 1.

Wenn man jetzt nach Veröffentlichung von iOS 6 Pages kaufen will, wird es womöglich nicht mehr gehen, denn dort gibt es immer nur die neueste Fassung. Gebrauchte Programne mitgeben darf ich auch nicht. Selbst wenn ich das iPad 1 nicht verkaufe muss ich schnell zusehen, dass ich noch ein Backup der alten Versionen mache, bevor iTunes automatisch ein Update lädt und meine alte Version zu nichte macht. So dass ein Gebrauchtkäufer nicht einmal mehr die Software kaufen kann, die ich seinerzeit noch freudig genutzt habe.

Das Problem hat nichtmal mein 18 Jahre alter Mac von 1994 auf dem alle Programme von 1994 noch laufen, sofern die CDs noch existieren.

Und das alles ohne Grund. Apple unterstützt mit iOS Geräte wie iPhone 4, iPod 4 oder sogar iPhone 3GS die allesamt langsamer sind, als das iPad.

Aus Marketing Sicht ein genialer Schachzug: endlich teure Geräte (das iPad-1 64 GB 3G kostete stolze 799 €) mit kurzfristigem Verfallsdatum – weg damit.
Die einzige Alternative: der Weg in die Illegalität – Jailbreak + gehackte Version der alten, laufähigen App aus dubiosen Quellen.

Ein Dilemma, das früher oder später jedes Pad erwischt. Und ich darf jetzt ein iPad, dass vor 1,5 Jahren noch 5 Jahre voraus war, nach nur zwei Jahren wegschmeißen?

iOS 6 Features für alte Devices. Wozu gibt es ein neues iOS? Wirklich um neue Features unters Volk zu bringen – und das auch noch kostenlos? Wer glaubt da an den Weihnachtsmann.

Die Tabelle der Features ist Marketingstrategie in Reinkultur und orientiert sich eindeutig am sog. Lebenszyklus eines Produktes. Von „Stars“ bis „Cash Cow“ ist alles klar positioniert. Und iPad 1 und iPod 3 gehören zu den „Poor Dogs“, den „Armen Hunden“. Unabhängig von der tatsächlichen Leistung bekommen nur die Stars alle neuen Errungenschaften. Das iPad 3 bekommt Siri, das iPad 2 nicht, obwohl dessen Prozessor keinesfalls langsamer ist, als der von iPad 3 oder iPhone 4S.
Währen schon auf dem 2008er iPhone 3G „Turn by Turn“ Navis aller Coleur liefen ist die Apple Variante so anspruchsvoll, dass nicht mal ein iPhone 4 es ausprobieren darf.
Und Videochat via 3G darf wiederum nur das iPad 3 und iPhone 4S nicht aber das gleich schnelle iPad 2.

Aber Vorsicht Apple. Ich hab auch Marketing studiert und dort beigebogen bekommen, dass Altkundenpflege wichtiger und preiswerter ist, als Neukindenakquise insbesondere wenn man mittel- und langfristig plant.
Denn zufriedene Altkunden sind nicht nur treue Kunnden sondern auch Multiplikatoren.

Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass das iOS 6 lange geforderte Features nicht bietet (die für viele eben Grund für ein Jailbreak waren), wie die Erlaubnis
externe USB-Sticks und Festplatten anzuschließen oder ein zentraler Dokumenten-Austausch oder ein freierer Zugriff auf das Dateisystem für fortgeschrittene Nutzer.

1 Kommentar zu „Das iPad – ein Wegwerfartikel?

  1. Fristverlängerung: iOS 6 ist veröffentlicht, Updates von Pages, Numbers und Keynote (alle jetzt Version 1.6.2) und Garageband kamen danach und laufen immer noch auf iOS 5.1 – das Problem ist dadurch nicht gelöst, aber kurzfristig verschoben.

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